Ernst Bloch
Aktualität und Utopie[1]
Zu Lukács’ Philosophie des Marxismus
Wir regen uns gar viel. Aber alles bleibt auf dem alten Fleck. Was sollten wir dagegen tun? Welche stärkeren Kräfte, Zauber müssten hier reizen? Und was ist es schließlich, das auf dem alten Fleck bleibt oder stehen lässt? Sind es nicht wir selbst, unsere eigenen Beziehungen, Werke, gespenstisch verselbstständigt? Weil wir uns selber, den archimedischen Punkt nicht haben, der diese ebenso drückende wie ganz unwirkliche Welt aus den Angeln hebt?
Die Tage freilich scheinen dazu nur schwer imstande. Der Wesen stockt, die proletarische Bewegung Deutschlands steckt in dem sumpfigen Zustand dieses Landes mit dahin, das endlose Krisen erträgt ohne Kraft zur Wendung. Jeder Putsch greift in Deutschland unter, jeder Gedanke über die Wirklichkeit, beides gleich einflusslos, fast sinnlos. Dennoch ist die Lage dauernd revolutionär, auch ohne Seitenblick auf Russland, auf die tolle Ungleichzeitigkeit dieses Landes, und es ist nicht der Kapitalismus mit seinem greisenhaften Johannistrieb, mit seiner explodierenden Leere, auch nicht das schwüle, schiefrevolutionäre Missverständnis des Faschismus, welche diese scheinbare Ungleichgültigkeit aufheben werden. So verlangsamt und verdeckt auch der Gang der Revolution erscheint, hier geht nichts mehr zurück, und wenn ihr gekrümmter Verlauf ein Jahrhundert in Anspruch nehmen sollte.
Nicht minder ist der Geist nur scheinbar eingeschlafen. Er sammelt Kraft in diesem schweigenden Versenktsein, nimmt sich Zeit, seine Früchte zu reifen. Wie hell überdies prallte vor kurzem noch das sogenannte expressionistische Feuer auf, wollte eine neue Gestalt des Bewusstseins, seine direkte Urgestalt in Freiheit setzen. Stärker als Sturm und Drang, als Romantik war diese geistige Bewegung, dem täuferischen Spiritualismus benachbart, und genauer noch fällig. Mehr Genies als es Musen gibt hätten hier Arbeit gefunden: ist die Bewegung also auch in Europa (und wiederum nicht in Russland) abgeflacht, hat der große Moment hier auch nur ein kleines, rasch ermüdetes, kompromissfähiges Geschlecht gefunden, so ist er doch so wenig wie alles uneingelöst Große vergangen, wartet auf die neue Armee. Hier oder nirgends wollte das unmittelbar brausende, bohrende Jetzt sich zur Anschauung seiner drehen, das alles bewegende, selbst verbergende Dunkel des gelebten Augenblicks zum vermittelten, aber unabgelenkten Objekt selber werden. Von allen Seiten der Erlebniswirklichkeit her, sie auf den transzendentalen Menschen hin deformierend, informierend, galt es und gilt es, die Subjekt-Objekt-Deckung des geheimen Menschengesichts selber zu gewinnen.
Die alte Zeit ist deshalb um, so lähmend ihr Niedergang auch noch in unsere Tage hineinreicht. Die Wahrheit, die Maschine, das Abstoßen vom Boden wird uns zwar noch lange bleiben. Ebenso ist der Zustand der Gottferne auch noch unser Teil, aber geladen mit dem Bewusstsein ihrer (das allen schönverdeckenden Kulturen fehlt) und darum mit der ersten Kraft, sie zu wenden. Ebenso leuchtet aus dem Versinkenden lange noch die große Mühe derer nach, die in der bürgerlichen Kultur bereits gegen deren Zerreißungen und Verdinglichungen rebellierten. Marx wirkt dieser Art fast ganz auf der anderen Seite, Kant, Schiller, Goethe, Schelling, Hegel stehen mit ihrem gegenmechanischen Blick auf dem Horizont zweier Zeiten. Aber all dies neu zu Lenkende und übergehend Bedeutende ist erst jetzt recht zu erblicken, wo wir im Alten nicht mehr darin stehen, wo eine völlig andere, frische Zeit verwirrt und beginnt. Der eigentliche Untergang liegt grundsätzlich bereits hinter uns; die Epigonen, Materialisten, Alexandriner der sechziger, achtziger Jahre haben ihre Toten begraben. So gewaltig ist der Riss zwischen Leibl und Chagall, Wagner und Schönberg, Keller und Döblin, wie vielleicht noch niemals einer war innerhalb der „Kultur“ der Neuzeit, ja innerhalb des kulturellen Gesamtkomplexes von Athen bis zum Klassizismus; das höchst ästhetische Mittelalter nicht ausgenommen. Ganz gleich, wie man dies neu Gekommene bereits einschätzt: Chagall, Schönberg, Döblin und andere sind fühlbar nicht von der Art des Alten, sind nicht Niedergang, Abendrot, Auflösung einer vordem Geformten, enthalten vielmehr noch nie dagewesene Elemente in ihrem Werk. Ein großer Kairos lebte in dieser Zeit neuer Frühe, letzten Beginns, der Primitiven auf höchster Stufe näher als den schönen Kompromissen der „Kultur“.
Und von hier aus auch tritt einer unserer wenigen Denker nahe. Georg Lukács hat als einziger fast das Niveau der fälligen, gültigen Sache selbst betreten. Der Augenblick, allen anderen eine begriffliche Verlegenheit, ist hier zum Moment der Entscheidung des Durchblicks in Totalität erhöht. Lukács’ Buch „Geschichte und Klassenbewusstsein“ (Malik-Verlag) führt dergestalt Marx wieder auf Hegel zurück und diesen bedeutsam kräftig über sich hinaus; auch hier zieht eine Metaphysik des sich in Existenz Verstehens, des Herausschlagung unseres Haupts, unserer Wirklichkeit aus dem krummen Prozess daraufhin, ihre dialektischen Kreise. Zwar wird es das Buch nicht ganz leicht haben, seine guten Leser zu finden. Die Russen etwa, welche philosophisch handeln, aber denken wie die ungebildeten Hunde, werden sogar einen Abfall darin wittern. Von den Revisionisten unendlich verschieden, sind sie doch fast gleicher Weisen vom philosophischen Erbe abgetrieben, und manche ihrer werden sagen, Marx habe Hegel nicht dazu auf die Füße gestellt, damit Lukács Marx wieder auf den Kopf stelle. Die übliche Philosophiegelehrten anderseits werden aus ihrer zutiefst unbeteiligten, rein betrachtenden Einstellung heraus keinen Zugang zu dieser einzig legitimen Hegel-Renaissance finden können: Lasks tiefsinnige Untersuchungen, mannigfach auf Lukács’ Problemstellung bezüglich, sind bislang ohne Fortführung geblieben. Der andauernde Blick auf die Verfahrungsweisen und Fraktionen der Einzelwissenschaften, der erkenntnistheoretische Formalismus dazu, wie er den Ausdruck einer konkreten Gesamtanschauung teils verhinderte, teils auch ihren Mangel beschönigte – dieser eigentliche Müßiggang gab gerade dem Grundproblem der klassischen deutschen Philosophie, dem Subjekt-Objekt-Problem, eine Enge, von der erst das Lukácssche Buch wieder zu erlösen beginnt. Wichtig genug also ist dieses Buch, um sich seine verstreuten, seine epochalen Gedanken auf kleinem Raum nochmals zu erwerben. Um schließlich selbst am Gegensatz noch die tiefliegende Übereinstimmung zu besitzen, in der sich, bedeutsamer Weise, die zwei Philosophien dieser Zeit seit alters befinden.
Nur wer handelt, begreift hier. Und genau soweit als er handeln will. Das Denken läuft gewiss voraus, lässt einen möglichen Verlauf abstrakt überschlagen. Aber doch mit einiger Sicherheit nicht über den nächsten, praktisch zu verwirklichenden Schritt hinaus. Das richtige Denken ist immer nur ein solches, das unter dem Gesichtspunkt steht, was hier und jetzt zu tun sei.
Die Krise
Auch der bürgerliche Mensch ist zwar scheinbar tätig. Aber dieses stammt nur daher, weil er andauernd getrieben ist. Der Arbeiter wie der Unternehmer sind gleich verdinglicht, beide nur Werkzeuge eines Betriebes. Am ersteren wie auch am Beamten ist nur der entmenschlichende Zustand der kapitalistischen Mechanisierung deutlicher sichtbar als am Unternehmer mit seinem subjektiven und äußerlichen Anschein von Macht. Tatsächlich ist auch dieser ein bloßer Nutznießer mehr oder minder übersehbarer Chancen einer von ihm unabhängigen Selbstbewegung von Waren.
Halten sich also diese Menschen für frei, so sind sie bloß wie der geworfene Stein, der aus eigenen Stücken zu fliegen glaubte, wenn er plötzlich Bewusstsein bekäme. Die Warenerzeugung und der Warenverkehr ist aber nun nicht gänzlich von den Menschen abgehoben, sondern auch durch Zerlegung in Teiloperationen zunehmend detailliert und künstlich rationalisiert. Diese Trennung von den Produktionsmitteln, diese Auflösung und Zersetzung aller organischen Produktionseinheiten brachte zwar ein Zurückweichen der Naturschranke, setzte aber dafür wiederum die künstliche Gesetzhaftigkeit der „zweiten Natur“, mit nicht geringerer Knechtschaft als unter den alten Herren oder den natürlichen Irrationalitäten. Künstlich ist diese Gesetzhaftigkeit; schon die Krisen zeigen den letzthin anarchischen Charakter des kapitalistischen Produktions- und Austauschsystems an, entsprechend der zerrissenen Einheit des organischen Lebens- und Arbeitsprozesses. Es entsteht ein Gesetz bloßer Zufälligkeiten, jenes Bild des inhaltlich Ganzen geht durch die Spezialisierung der Leistung verloren, die Missachtung des Konkreten an der Materie der Gesetze kommt in der Krise als der tatsächlichen Zusammenhanglosigkeit des Gesetzessystems wieder zum Vorschein.
Das Ding-an-sich-Problem
Dies Zerteilte und Leere aber kommt nicht nur wirtschaftlich zum Ausdruck. Sondern dasselbe zerstückelte Leben, das sich wirtschaftlich als Krise zeigt und rächt, schickt seinen Atem auch durch die anderen Erscheinungen seiner Zeit in verwandter Weise hindurch. Zwar entspricht vollkommen dem bürgerlich befangenen Blick, im bloß unmittelbar Wirklichen zu beharren und dadurch ein gegebenenfalls geschwächtes Dasein ganz erstarren zu lassen. Die bürgerliche Ökonomie setzt isolierte Teile als „Tatsachen“ und einen bloßen Reflexionszusammenhang dieser Teile als ökonomische „Naturgesetze“, als könnte es gar nicht anders sein, womit sich dann freilich die bürgerliche Gesellschaft selbst verewigt. Es entspricht ferner vollkommen den Klasseninteressen der Bourgeoisie, die einzelnen Sphären des gesellschaftlichen Daseins getrennt nebeneinander bestehen zu lassen, um die Subjekte der ganzen Gesellschaft gemäß der arbeitsteiligen Warenform in Wirtschaftssubjekte, Rechtssubjekte, Religionssubjekte zu zerstückeln. Aber der historische Materialismus macht dieser Verewigung der bürgerlichen als der sozialen und geistigen Welt überhaupt ein Ende. Er gibt gerade in seinem eigentlich Sinn ebensowohl die Einsicht in die Begrenztheit einer Epoche wie die Zurückführung ihrer Modi auf die Totalität ihres gesellschaftlichen Seins, ihrer Wirklichkeitsstufe. Folglich lässt sich von hier aus die Struktur des Warenverhältnisses als das Urbild aller Gegenstandsformen in der bürgerlichen Gesellschaft erweisen und aller ihnen entsprechenden, zugeordneten Formen der Subjektivität. Der rein formale, auf den Kalkül gestellte, spezialisierte und inhaltsfremde Charakter der kapitalistischen Produktion- und Austauschweise kehrt also völlig entsprechend auch in ihrer obersten Ideologie, im methodischen Charakter der modernen Wissenschaft wieder. Wirtschaft und Wissenschaft des kapitalistischen Zeitalters einen sich in der Arbeitsteilung, im anarchischen Spezialistentum, in der Zerreißung der konkreten Totalität; sie sind beide der organisierte Zufall, die abstrakte Theorie über eine völlig undurchdrungene Materie. Je entwickelter eine Wissenschaft im bürgerlichen Zeitalter geworden ist, desto sicherer wird sie zu einem formell abgeschlossenen System von speziellen Teilgesetzen, desto „exakter“ wird sie die außerhalb dieses Bereichs liegende Welt, ja sogar das konkrete Wirklichkeitssubstrat ihrer eigenen Sphäre aus der Begreifbarkeit ausschalten. Aus dieser Quelle überhaupt schöpft jede Einzelwissenschaft ihre „Exaktheit“; sie lässt die ihr zugrunde liegende Materie auf sich beruhen, um in der so entstandenen, abgeschlossenen, methodisch rein gemachten Welt ihre Verstandeskategorien auf eine fiktive statt auf eine reale Materie anzuwenden, welch letztere als irrational ausgeschieden bleibt.
So ist hier wirtschaftlich schon der Gebrauchswert als solcher dunkel. Ebenso ist der Rechtsinhalt als solcher formal undurchdringlich, rational unableitbar. Seine Erzeugung wird in die Geschichte oder naturrechtlich ins Gewissen abgeschoben, in welch beiden Fällen jedoch die bloße Gewalt der Setzung gleichfalls als Gegebenheit hingenommen wird. Nicht anders bewegt sich die neuere Philosophie in bloß abstrakten Methoden, findet am Inhalts-, am Ding-an-sich-Problem gleichfalls die Schranke ihres rationalistisch-sphärenhaften Weltbegreifens. Lukács wendet hier die marxistische Betrachtungsweise in einem Durchblick von unerhörter Feinheit und konstitutiver Schärfe auf die Methodenkrise, das Methodenschicksal in der neueren Philosophie an. Von Descartes über Hobbes, Spinoza, Leibniz bis Kant geht ein gerader Entwicklungsweg, dessen entscheidendes, mannigfach variiertes Motiv die Auffassung bleibt, dass der Gegenstand der Erkenntnis deshalb und insofern von uns erkannt werden kann, weil und insofern er von uns erzeugt worden ist. Organe der Philosophie werden dieser Art – der Schätzung des abstrakt quantifizierenden Kalküls entsprechend – die Mathematik und später die theoretische Physik, die Wissenschaften der puren Konstruktion also (selbst das „Naturrecht“ nahm ja später noch diese Form an), der Erzeugung des Gegenstandes aus den formalen Voraussetzungen einer Gegenständlichkeit überhaupt. Die Frage taucht nicht auf, warum und mit welchem Recht der menschliche Verstand gerade solche Formsysteme als sein eigenes Wesen auffasst, im Gegensatz zu gegebenen, qualitativen, fremden, unerkennbaren Inhalt dieser Formen. Die Übereinstimmung von quantitativem Denken und Sein war vielmehr die Universalkategorie der modernen Welt, und das qualitative Inhaltliche, das Irrationale, zuerst noch hinter der majestätischen Gedankenarchitektur des spinozistischen Systems verdeckt, wurde zunehmend ihr bitterstes Problem. Denn am unbewältigt Inhaltlichen erwachte, formulierte sich zunehmend die Skepsis, die „Krise“, das Bewusstsein der Antinomien des bürgerlichen Denkens. Dieses neu bewusste Hereinragen der anderen, der qualitativen Welt, der unerfassten Wirklichkeit wird am ausgeprägtesten in der vielfach schillernden Bedeutung des Dings an sich erkennbar, wie es einmal den Inhalt der Formen bedeutet, unter denen wir die Welt erkennen, und sodann der Gesamtwirklichkeit, deren Erfassen erst die Teilsysteme zu einer Totalität rundet. Die Krise als wirtschaftlicher Ausdruck des bloßen organisierten Zufalls kehrt dergestalt als Ding-an-sich-Problem innerhalb des bürgerlichen Denkens wieder.
Kunst und Moral
Zwei Wege gab es, das wirklich dennoch zu treffen. Der erste war die Kunst, oder der Mensch, sagt Schiller, ist nur dort ganz, wo er spielt. Hier schien dem abstandshaften, zerrissenen Bürger endlich wieder ganzes Leben zu scheinen. Hinzu trat ein völlig neuer Naturbegriff; die „Natur“ erschien nun nicht mehr, auch die bürgerliche Gesellschaft naturrechtlich verklärend, als Inbegriff der Gesetzmäßigkeiten, sondern bei Rousseau als das alte Reich der Gewachsenheit diesseits aller Entseelung, Verdinglichung, Mechanisierung, und schließlich bei Schiller und Kant, als Inbegriff echtes Menschseins, naiver Totalität. Der Künstler vor allem aber ist Natur, schafft wie die Natur, in der Ästhetik biegen sich letzthin die beiden Kritiken der Vernunft, die Reiche der Notwendigkeit und der Freiheit zusammen, am Genie erwächst für Kant die Aussicht in einen intuitiven Verstand, der mit seinem Formen zugleich den Inhalt erzeugt und in diesem Inhalt seine Lebensordnung endlich real verwirklicht. Von hier aus wiederum gelang zugleich der Durchbruch zu der Goethe-Schellingschen Naturphilosophie mit ihrer Wiederaufnahme qualitativer Betrachtungsweise; auch diese konnte freilich, gemäß der ungebrochenen und nur verwandelten Vorherrschaft des kontemplativen Verhaltens, die hier besonders tiefliegende Wirklichkeit nicht konkret antreffen. Erst recht nicht konnte die Überwindung der abstrakten Rationalität in Schellings mittlerem und späterem System gelingen, wo vom immerhin teillebendigen ästhetischen Bewusstsein zur völlig vergangenen Totalität des mythologischen Bewusstseins geschritten wurde und demgemäß die Philosophie schließlich in einer reaktionären Mythologie, in einer Verherrlichung der leeren Irrationalität endete. Wichtiger geriet darum der zweite Weg, das Tun, um sich mittelst der Moral ins Herz der Dinge zu versetzen. Kant hatte selber die Wendung zur praktischen Vernunft genommen, ohne freilich das formale Wesen auch hierin aufzuheben. Dadurch blieb einmal die Welt der theoretischen Erfahrung unangetastet, sofern die rein formale und unvermittelte Kategorie des Sollens auf diese unanwendbar ist. Gerade dadurch, dass die praktische Intention des Subjekts: sein empirisches Dasein nicht einfach hinzunehmen, die formal-abstrakte Form des Sollens annimmt, erhält ja bei Kant die unmittelbar gegebene Form der Empirie, der Leitfaden des Naturmechanismus, eine philosophische Bestätigung und Weihe. Anderseits kehrt infolge des Formalismus der Erzeugung, wie er auch in der praktischen Vernunft beibehalten wird, das Inhaltsproblem, der Ding-an-sich-Charakter, die theoretische Antinomie zwischen Form und Inhalt praktisch wieder. Selbst bei Fichte noch, der so kräftig die Einheit von Subjekt und Objekt suchte, so bedeutend ihren Einheitspunkt in der Tätigkeit, der überindividuellen Tathandlung begriff, bezieht sich die praktische Norm auf die Form des inneren Handelns überhaupt. Akzentverlegung auf das Praktische macht immerhin den Gegensatz zwischen Form und Inhalt katastrophaler bewusst, als es die Ästhetik vermochte, stellt ihn zugleich aufs dringlichste als das zu bewältigende Grundproblem. Es galt nun, eine Form zu finden, die nicht mehr von jeder qualitativ-inhaltlichen Bestimmung rein bleibt. Es galt ferner, das Formale auch nach der transzendentalen Logik aufhebend, das Subjekt der Erkenntnis inhaltlich zu sehen, zu einer Konzeption jenes Subjekts vorzudringen, das endlich als Erzeuger der Totalität der Inhalte gedacht werden kann. Es galt weiterhin, in solch energischer Wendung gegen die Erstorbenheit, Verdinglichtheit, Zerrissenheit des Subjekts und der ihm entsprechenden Objekte, die gedankliche Rettung des Menschen mit Ernst zu vollziehen, das Subjekt des Erzeugers selbst zu erzeugen; und zwar auf einem Niveau der Gegenständlichkeit, wo die Gespaltenheit von Subjekt und Objekt steigend aufgehoben ist, wo Subjekt und Objekt in einem Erfüllungssystem inhaltlicher Vermittlungen wahrhaft zusammenfallen.
Die Vernunft in der Geschichte
Zum erstenmal wird dieser Boden bei Hegel mit Ernst betreten. Er ist das Reich der Geschichte. diese setzt den Begriff endlich ins Wirkliche wieder ein. Zunächst als Phänomenologie des Geistes, worin das Subjekt die Substanz geworden ist, und diese, das absolute Wissen, sich in der durch Widersprüche dialektisch vorangetriebenen Bewegung des menschlichen Bewusstseins, als des gleichsam dynamisch relativierten Subjekts, durchsetzt. Damit ist der bloß abstrakte, isolierte Begriff der Reflexionsphilosophie verlassen; in der dialektischen Methode erlangt Kants Forderung des intuitiven Verstands ihre klare, objektive und wissenschaftliche Gestalt. Hegels Methode, wie sie wahrhaft eine solche ist, „mit dem Wege“ geht, erscheint folglich ebensowohl als Selbstbewegung des konkreten Begriffs wie darin zugleich als Selbstumwälzung der Wirklichkeit, der historischen Wirklichkeit vor allem, als in welcher die Veränderung nicht ein Kreislauf an der Oberfläche ist, wie in der Natur, sondern der Begriff selber wird berichtigt. Auch hier lieferte zwar die Mathematik das Vorbild: das Irrationale des jeweilig vorgefundenen Inhalts erschien bei Leibniz schon als Aufgabe, genauer, als ein Anstoß jenes Systems der Formen, womit die bisherigen Zusammenhänge erzeugt worden sind, so umzugestalten, so umzudeuten, dass der auf den ersten Anblick als gegeben erscheinende Inhalt nunmehr gleichfalls als erzeugt erscheine, dass die Faktizität in Notwendigkeit auflöse. Maimon relativierte gerade das Ding-an-sich-Problem zuerst in dieser außerordentlich fruchtbaren Weise; die auf gänzlich anderem Boden erwachsene „Ironie“ der Romantik gab Hegel weitere Hilfsmittel in die Hand, um die antike, rein abstrakte, nicht die Sache betreffende und verwandelnde Dialektik als Logik der sich wandelnden Inhalte selber auszubauen. Nur eben ist nicht mehr das abstrakte Denken, wie in der Mathematik und rationalistischen, auch Transzendental-Philosophie, der Ort der Genesis der Kategorien, sondern in der Geschichte eben erzeugt sich das Subjekt der Erzeugung, wirkt der identische Seinsgrund, die Identität von Denken und Sein, Theorie und Praxis, Subjekt und Objekt, ist das Niveau möglicher „Versöhnung“ von Vernunft und Wirklichkeit, möglicher Identifizierung ihrer erreicht. Die Form der historischen Selbstvermittlung ist dialektisch, und das Grundprinzip aller dialektischen Selbsterkenntnis des Wirklichen ist die Betrachtung aller Teilerscheinungen als Momente des Ganzen, ist die festgehaltene Einheit in der Mannigfaltigkeit. Totalität bedeutet hier etwas ganz anderes als eine bloß abstrakte Summe von isolierten Teilen und auch ein anderes als das dürre, scheinbar alles enthaltende Gedankenprinzip des leeren Anfangs, aus welchem bei den abstrakten Dogmatikern das Universum gleichsam überflüssigerweise nochmals emaniert. Dieser Grundkategorie aller konkreten Wirklichkeit lässt vielmehr aus jedem einzelnen Moment die inhaltliche Fülle des Ganzen entwickeln, im Gegensatz zu allen scheinbar trennenden Sphären, sofern nur dieser Moment wahrhaft dialektisch als Prozessmoment, das ist, als Durchgangspunkt zur Totalität erfasst wird.
Freilich bleibt auch Hegel dabei wesentlich noch rein denkerisch betrachtend. Das Subjekt kommt, wie bekannt, hier allerorten zu spät, fügt erst seinen Gedanken ein oder hinzu, wenn eine Gestalt des Lebens bereits grau geworden. Das echte wir der Geschichte, der Ort des identischen Subjekt-Objekt ist trotz seiner richtigen Projektion in den historischen Prozess noch nicht entdeckt. Infolgedessen treibt die dialektische Methode bereits auch in der Natur ihr Wesen, wo doch die Zweiheit von Subjekt und Objekt grundsätzlich unaufhebbar ist, ja ein Subjekt im Sinn der Geschichte überhaupt noch nicht Platz hat. Ferner lassen sich die verschiedenen dialektischen Erscheinungskomplexe, trotz der regierenden Grundkategorie der Totalität, unmöglich mittels des mechanisch gleichbleibenden Schemas der Hegelschen dialektischen Trias gleichförmig behandeln; nicht nur die „objektive Bewegungsdialektik“ der Natur, sondern auch die gesellschaftliche Dialektik als solche fordert je nach der Stufe der geschichtlichen Konkretion, auch je nach den differenzierten Phänomenen des jeweiligen gesellschaftlichen Seins ein System qualitativer Abstufungen im dialektischen Charakter. Schließlich rächte sich die verfehlte Subjekt-Objekt-Beziehung der Geschichte auch darin, dass Hegel am Ende des Systems sogar die Geschichte selbst verlässt, dies eigentlichste Lebenselement der dialektischen Methode, den Ort ihrer konkreten Erfüllung. Schon der gerade gegenwärtige Staat trat aus ihr heraus, die Sphäre des absoluten Geistes aber vollendet diese Inkonsequenz, ob auch andauernde historische Bestimmungen in sie hineinspielen. Vor allem aber musste Hegel, da er das konkrete Subjekt-Objekt der Geschichte, ihren allezeit menschliche Produzenten nicht erkannte, diesen ihren unerkannten Antrieb und Gehalt selbst fetischhaft mythologisieren; woraus dann die einzelnen Volksgeister und schließlich die demiurgische Rolle des Weltgeistes, der Idee selber entsprang. Indem derart das Subjekt zur bloßen individuellen Unmittelbarkeit der Betrachtung, zur bloßen unbeteiligt abstrakten Kontemplation wieder herabsank, entstand eine unüberbrückbare Distanz zwischen Beweger und Bewegtem, welche durch die bloße abstrakte Begriffsmythologie in ihrer Unmittelbarkeit, Unvermitteltheit auf höherer Stufe nicht gelöst, sondern im Gegenteil fixiert und verewigt wurde. Das führt zugleich zu der Frage des Sollens und dem Ort, das dieses einnehme. Nach Lukács entstammt auch dieses einem bloß unmittelbaren Verhalten, das die Tatsachen bestehen lässt und lediglich subjektiv-willkürlich darüber hinausgeht oder die Tatsachen auf scheinbar allgemeingültige, lediglich formal geltende, inhaltlich unbekannte Kulturwerte bezieht. Dasselbe ist der Fall bei der religiösen Utopie, und Lukács polemisiert hier zugleich gegen meine Darstellung Münzers als eines Theologen der Revolution,[2] sofern dieser die Innerlichkeit des Menschen nur unvermittelt, von seinem konkret geschichtlichen Sein unabhängig, undialektisch an die geschichtliche Wirklichkeit herangebracht hätte.[3] Die wirklichen Handlungen Münzers und erst recht der spätere, ideologisch nicht grundlose Übergang des Täufertums zum Kapitalismus erscheinen dann so gut wie völlig unabhängig von der religiösen Utopie: diese vermag sie weder real zu leiten noch ihnen konkrete Ziele oder konkrete Mittel der Verwirklichung zu bieten. Das intelligible Ich wird schließlich zur transzendenten Idee (gleichviel ob diese als Sollen oder als metaphysisches Sein, Weltgeist, absoluter Geist ausgelegt wird), deren Wesen eine dialektische Wechselwirkung mit den empirischen Bestandteilen des Ichs, mit der Empirie insgesamt, und darum ein Sich-Erkennen des intelligiblen Ichs im empirischen ausschließt. Folglich eben auch muss nach Lukács eine solche Anschauung in Mystik, in Begriffsmythologie münden: die Mythologie nimmt unvermeidlich die Gegenstandstruktur des Problems an, dessen Unableitbarkeit der Anstoß ihres Entstehens gewesen ist; hier bewährt sich die „anthropologische“ Kritik Feuerbachs. Und so entsteht die auf den ersten Blick paradoxe Lage, dass dem Bewusstsein diese mythologische, diese projizierte Welt näher zu stehen scheint als die unmittelbare Wirklichkeit. Diese Paradoxie löst sich nach Lukács jedoch allsogleich auf, wenn bedacht wird, dass zur wirklichen Bewältigung der unmittelbaren Wirklichkeit die Lösung des Problems, das Verlassen des Standpunkts der Unmittelbarkeit vonnöten ist, während die Mythologie eben nichts weiter vorstellt als die phantastische Reproduktion der Unlösbarkeit des Problems selbst; es wird also auf höherer Stufe die Unmittelbarkeit wieder hergestellt. Dergestalt entsprechen sich alle diese dualistische Begriffspaare: Tatsache und Sollen – Notwendigkeit und Freiheit – Determinismus und intuitiver Irrationalismus – ökonomisch isolierter Vulgärmarxismus und ethische Ergänzung – Fatalismus und Voluntarismus – Mechanismus und religiöse Utopie; sie entstammen insgesamt einer unmittelbaren, undialektischen Haltung und vor allem einem Verlassen der Totalität, dieser dialektischen Grundkategorie. Das Hinausgehen über die Unmittelbarkeit der Empirie und ihren ebenso unmittelbaren rationalistischen Spiegelungen darf sich nach Lukács also zu keinem Versuch steigern, über die Immanenz des (gesellschaftlichen) Seins hinauszugehen, wenn dieses falsche Transzendieren nicht die Unmittelbarkeit der Empirie mit allen ihren unlösbaren Fragen in einer philosophisch sublimierten Weise noch einmal fixieren und verewigen soll. Das Hinausgehen über die Empirie kann hier im Gegenteil nur soviel bedeuten, dass die Gegenstände der Empirie selbst als Momente der Totalität, das heißt als Momente der sich geschichtlich umwälzenden Gesamtgesellschaft erfasst und verstanden werden. Auch Relativismus und Dogmatismus (die Statuierung eines Absoluten) sind vom dialektisch vermittelten Gesichtspunkt aus noch Gegensatzpaare auf dem gleichen dialektischen Boden, denn die Bewegung der Relativisten geschieht in einer letzten Endes stillstehenden Welt, ja ist in sich selber ein lebloser Kreis, sodass hier das absolute Denken der Dogmatiker nur schlechter und dekadenter mitgedacht ist. Erst die geschichtliche Dialektik schafft auch dem angeblich weltüberlegenen Absoluten der Dogmatiker gegenüber eine radikal neue Situation: der geschichtliche Prozess selber wird bedeutend, wird in seiner Einmaligkeit, in seinem dialektischen Vorwärtsstreben, in seinen dialektischen Rückschlägen begriffen, in seinem ununterbrochenen Kampfcharakter um einen immer höheren Boden der Wahrheit und Wirklichkeit. Das Absolute wird hier nicht abstrakt geleugnet, auch nicht als ewiger Maßstab an sich selbst festgehalten, sondern der Maßstab wird hier dialektisch fortdauernd auf sich selbst konkret angewendet, dialektisch gemacht; das „Absolute“ erscheint in konkreter geschichtlicher Gestalt, als die sich dauernd berichtigende Grundtendenz des Prozesses überhaupt. Dieses ist im ganzen die Lukácssche Behandlung der Frage des Sollens, die Ableitung seines Orts aus dem Standpunkt der Unmittelbarkeit; es erhebt sich dagegen gleichsam ein Mittelraum, eine Perspektive steter historischer Konkretheit, welche die Tatsachen prozessual erhöht, die Ideen wiederum entelechetisch herabsenkt und begrenzt. Hegel und die Hegelkritik legen für Lukács also in gleicher Weise die Wege frei zu einer Logik des aktuellen Seins, zu einer Dialektik der ebenso präsenten als darin transitorischen Totalität.
Theorie und Praxis
Wir hörten schön, das richtige Denken sei nur ein solches, das wissen lasse, was hier und jetzt zu tun sei. Weder gibt das bloße Handeln, das Gewirr von einzelnen Handlungen einzelner Menschen und Gruppen, ein zweckmäßiges Maß für die Richtigkeit der einander bekämpfenden Anschauungen. Noch ist das bloße Denken, als abstrakte, wo nicht gar zuschauende Meinung über noch vorwirkliche Möglichkeiten imstande, diesen Maßstab abzugeben. Die verschiedenen Anschauungen bleiben hier vielmehr friedliche Meinungsverschiedenheiten, ihre Gegensätze nehmen die Form von Diskussionen an, wie immer, wenn der Begriff schon schwimmen lernen will, bevor er ins Wasser geht, bevor er sich in seinem konkreten Amt bewährt.
Aber die Organisation ist die erste Form der Vermittlung zwischen Theorie und Praxis. Die organisatorische Fragestellung versucht, in der Erwägung der Lage, in der Vorbereitung und Führung der Aktion jene Momente aufzufinden, die von der Theorie notwendig zu einem ihr möglichst angemessenen Handeln geführt haben; sie sucht also die wesentlichen Bestimmungen auf, die Theorie und Praxis verbinden. Was der revolutionäre Instinkt ungeschieden besitzt, dies hat sich der auf das proletarische Klassenbewusstsein organisatorisch bezogene Geist zur Schärfe des Begriffs erhoben; er macht das Unbewusste bewusst und wird derart die Führung des Unbewussten, der Ausdruck des um sein Klassenbewusstsein ringenden Proletariats. Man kann sich dieses Zusammenfallen von Denken und Sein, dieses Seinwerden des kommunistischen Denkens, Gedankenwerden des kommunistischen Seins, diese Einheit von marxistischem Begriff und Klassenbewusstsein des Proletariats bei Lukács nicht anstandslos genug denken: die wahre Tateinsicht ist hier eine solche, die sich nicht nur konkret auf das Ganze des fälligen Geschehens jeweils bezieht, sondern zugleich das entscheidend bewegende Moment, die Selbstverständigung und damit reale Selbstergreifung seiner Wirklichkeit selbst bedeutet. Freilich aber ist es hier weder mit der raschen Heldentat getan noch mit dem betrachtenden Wesen, das zusieht, wie in der Welt, unbezogen auf das Subjekt ihrer Entwicklung, alles scheinbar von selber reift. Sondern die freie, sprunghafte Bewusstseinstat des Proletariats ist notwendig, um dem Kapital die Auswege zu verlegen, um den bloßen Absturz in die Barbarei zu hindern, vor allem aber um die vorhandenen Tendenzen der Entwicklung auszunutzen, damit statt des bloß mechanischen Absturzes wahrhaft ein dialektischer, subjektbezogener Umschlag zum Sozialismus geschehe. Diese Aktivität des Klassenbewusstseins also ist Gewalt; wie die kapitalistische Gesellschaft selber nicht anders zustande kam, ja wie ihr Recht, vermittelst dessen sich die kapitalistische Gesellschaft auch nach ihrem geschehenen „Umschlag“ aus dem Feudalismus erhält, selbst nur latente Gewalt ist, so kann nur akute Gewalt die neue Gesellschaft aus der alten entbinden. Es geht nicht an, von der kapitalistischen Denkweise die Verdinglichung zu übernehmen und kontemplativ von „ewigen Naturgesetzen der Ökonomie“ zu schwärmen, gegen die dann freilich weder Aktivität noch ein inhaltlich Neues anzukommen vermöchte. Sondern sobald eben das Subjekt des Proletariats – heute tatsächlich noch ein bloßes Objekt der Gesellschaftsprozesses und nur potenziell, nur latent auch sein mitbestimmendes Subjekt – in revolutionärer Tat als sein Subjekt hervortritt, ist zugleich die angebliche Naturgesetzlichkeit der Ökonomie aufgehoben. Das Gesetz der Wiederholung hat dann kein Anrecht mehr auf das rein dialektische Prozesssubstrat der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Die Theorie der Praxis, wie sie sprunghaft zur Praxis der Theorie übergeht, die Welt umwälzend, ist derart weder voluntaristischer Putsch, noch fatalistisches Sich-treiben-lassen von den „Naturgesetzen“, noch irgendeine ausweichende „Ethisierung über die Ökonomie“, noch eine subjektiv bleibende Utopie. Die alles greift vielmehr entweder darunter oder darüber, entstammt nach Lukács insgesamt der gleichen abstrakten, unvermittelten, undialektischen Haltung, der gleichen noch kontemplativen Fremdheit von Begriff und Wirklichkeit. Die dialektische Methode allein lässt den archimedischen Punkt, das klassenbewusste Proletariat als Subjekt-Objekt der Geschichte ermitteln, von dem aus diese dann ebensosehr endlich allernächst zu beherrschen ist, wie ihr Inhalt, ihre Materie aus der Trübe verdinglichter Abstraktionen und schlechter Transzendenzen gerettet werden kann.
Dadurch werden wir auch endlich dazu geschickt, das Jetzt zu erfassen, in dem wir stehen. Die bloß individuelle Meinung, aber auch der bürgerliche Begriff kann nie den Augenblick erreichen, in dem sich schöpferisch Wirkliches und Ganzes zuträgt. Sie bleiben befangen in einer bloßen vorüberhuschenden Unmittelbarkeit, sie werden von ihrer „Geschichte“, die keine ist, von den bürgerlich begrenzten oder aber übergeschichtlich transzendenten Horizont ihrer historischen Zielsetzungen, niemals zu der fließend realen Gegenwart gelangen. Lukács entdeckt derart von dieser Seite her das Problem der Nähe, der vermittelt direkten Selbstbegegnung, des sich in Existenz Verstehens, arbeitet meine Lehre vom Dunkel des gelebten Augenblicks ein, konfrontiert sie mit Hegels sinnlicher Gewissheit, mit der Phänomenologie des Hier und Jetzt, wo allerdings das Grundproblem selbst nur als Anfangsschwierigkeit, nicht als Alpha und Omega konkreter Wirerfassung erscheint. Bei Lukács ist das Jetzt wenigstens die Schwierigkeit der Mitte; da aber die dialektische Logik nicht mehr das von dem geschehenden Sein abgelöste und in dieser Ablösung erstarrte Denken ist, sondern das Denken hier als Wirklichkeitsform, als Moment des Gesamtprozesses selbst erscheint, so kann es sich derart auch auf den Moment der Momente, auf das Jetzt der aktiven Vermittlung beziehen. Nur solange der Mensch sein Interesse – anschauend kontemplativ – auf Vergangenheit oder Zukunft richtet, erstarren beide zu einem fremden Sein, und zwischen Subjekt und Objekt ist der unüberbrückbare „schädliche Raum“ der Gegenwart gelagert. Sobald jedoch der selber mitgehende, selber dialektische Begriff die Gegenwart als Werden zu erfassen fähig ist, in ihr jene Tendenzen erkennt, aus deren dialektischem Gegensatz er die Zukunft zu schaffen fähig ist, wird die Gegenwart zu seiner Gegenwart, zum Moment der tiefsten, weitestverzweigten Vermittlung, zum Moment der Entscheidung, der Geburt des Neuen. Nur wer die Zukunft heraufzuführen berufen und gewillt ist, kann die konkrete Wahrheit der Gegenwart sehen: die Wahrheit ist, sich im Gegenständlichen nicht mehr zu verhalten als zu einem Fremden. Und das neue in den sich (mit unserer bewussten Hilfe) realisierenden Tendenzen, die in ihnen dialektisch angelegte Selbstbeziehung des gesellschaftlichen Subjekts, das Inventar der Aufgaben in diesem Moment ist die Wahrheit dieses Moments. Bei Kant herrschte die Neigung auch auf der Subjektseite alles Inhaltliche auszuschalten, lediglich Bewusstsein überhaupt und nicht einmal so viel aus lauter formalistischer Reinheit, Beziehungslosigkeit übrigzulassen. Bei Hegel wurde trotz der starken Tendenz, das Subjekt in Substanz zu verwandeln, beide steigend in Eins zu setzen, das reale Wir der Genesis doch nicht angetroffen, sondern es blieb in den noch abstrakten Begriffsmythologien der Volksgeister oder des Weltgeistes versteckt. Hier jedoch nun geschieht endlich der vermittelte Besitz der Höhe seiner Zeit, die Sprengung von abstraktem Formalismus und anders abstrakter Mythologie, es geschieht die konkret-reale Selbstbeziehung des gesellschaftlichen Subjekts im Klassenbewusstsein des Proletariats. Gerade der Arbeiter ist völlig Ware geworden, zunächst völlig Objekt, sein Selbstbewusstsein aber ist damit zugleich das Selbstbewusstsein der Ware und derart die Selbsterhüllung der auf Warenproduktion fundierten kapitalistischen Gesellschaft mit allen ihren Widersprüchen und dialektischen Umschlagtendenzen. Nur die Arbeiterklasse vermag sich derart auf das Ganze, auf das letzte Wirklichkeitssubstrat der Gesellschaft zu beziehen. Die Aufhebung des Proletariats ist die Verwirklichung der Philosophie, die Aufhebung der Philosophie ist die Verwirklichung des Proletariats; mit anderen Worten: das (aufgehobene) Proletariat ist das wahre Wir der Geschichte, ihre Materie zugleich, ist das endlich sich antreffende identische Subjekt-Objekt der Geschichte.
Agnostizismus aus Verantwortung
Nicht also soweit ihn der Gedanke erzeugt hat, ist ein Gegenstand erkennbar, sondern soweit sein Gedachtwerden zugleich die Erkenntnis des Gegenstandes selbst bedeutet. Denken und Sein sind auf dieser Stufe insofern identisch, als das Denken hier endlich nicht mehr die bloßen Tatsachen der Empirie, der falschen, verdinglichten, untotalen, sondern die höhere Wirklichkeit der Entwicklungstendenzen antrifft und sich als das Bewusstwerden, Aktuellwerden, als wichtiges konstitutives Element im Prozess der Offenbarwerdung der Wirklichkeit begreift. Das Auftreffen auf diese Entwicklungstendenz, der führende Eingriff der Theorie mithin in den Umwälzungsprozess der Wirklichkeit ist das einzige Kriterium ihrer Wahrheit oder Falschheit: alles Formale, alles noch Methodologische, der Rückstand alles subjektiv abstrakten Sollens, aller utopischen Überholung ist nur ein Ausdruck der vorläufigen geschichtsphilosophischen Unmöglichkeit, sämtliche Kategorienprobleme als Probleme der sich umwälzenden Wirklichkeit aufzufassen und darzustellen. Wobei freilich für das Sollen auch die Begriffsmythologie und auch die Utopie hinzukommt, dass sie im Standpunkt der Unmittelbarkeit verharren und derart den Dualismus zwischen dem Reich der Notwendigkeit und dem Reich der Freiheit verewigen oder wenigstens bis zu den abstrakt-revolutionären Mythologismen einer Apokalypse hin anhalten. Das Proletariat hat aber keine Ideale zu verwirklichen, sondern lediglich eine neue Gesellschaft freizusetzen. Die Erscheinungskomplexe der Kunst und erst recht der völlig dunklen, unidentischen Natur haben gewiss ihre Subjekt-Objekt-Beziehung noch keineswegs gefunden; aber jeder Versuch, hier das Utopische als seiend zu gestalten, wirkt nur formzerstörend, nicht wirklichkeitsschaffend. Im Umkreis der „materialistischen“, materialbezogenen Dialektik erst ist der Boden der Wirklichkeit jeweils zu gewinnen und immer neu zu gewinnen; gemäß eines eigentümlichen Agnostizismus also, der sich um Transzendentes nur insoweit kümmert, als die konkrete dialektische Vermittlung reif dazu ist, dieses konkret zu manifestieren. Calvin schob die Hinterwelt mittels der Prädestinationslehre aus dem Bewusstsein; Lukács als Theoretiker der Konstitutionspraxis erreicht das Gleiche mittels einer ganz eigenartigen Verbindung von innerweltlicher Askese und Hegelscher purer Konkretionsdialektik. Der tiefste Sinn dieses heroischen, dieses vorläufigen und dialektischen Agnostizismus aber ist ohne Zweifel Scheu vor dem Verborgenen, verantwortliche Haltung vor dem Geheimnis, strenges Bedürfnis nach seiner Abgrenzung, nach seiner unabgelenkten Statuierung gegenüber aller scheinbaren Konkretion oder voreilig abstrakten Konstruktion.
Kritik und Übereinstimmung
Nun ist es an dem, dass wir um uns sehen. Zunächst etwas betroffen, denn der Belehrte erblickt vorerst kein Bild. Nichts kann sicherer sein als diese Handschrift, dieser Strich, nichts schärfer Farbe bekennen und setzen. Aber die so entstehenden Gebilde sind dennoch nicht farbig, der genau hinziehende Gedanke zirkelt oft in sich und seinesgleichen wieder zurück. Manches klingt zuweilen, als ob einer sagte, das Leben eines glücklich Liebenden sei nur mit sich selbst zu vergleichen. Das ist zwar wahr, aber niemand mag behaupten, dass ihm damit etwas so sehr Lebendiges nahe gekommen sei.
Doch freilich hängt dies zum großen Teil damit zusammen, dass die Sache selbst hier noch unausgeführt blieb. Erst angedeutet, oft nur gestreift, oft in einer nicht mehr ausreichenden, überlieferten Begriffsbildung dargestellt. Zudem zwischen einer neukantianischen und einer Hegelschen Sprache häufig schwankend, der sich selbstverständlich die Marxschen Begriffe reich beimischen. Vereinzelte Teile, auch längere Partien werden dadurch oft unnötig schwer, und man seht sich aus dem Schatten der Tore in das blühende Panorama. Ist aber auch das Buch derart nicht fertig, verharrt es auch allzu andauernd in jenem methodologischen Zwischenzustand, den Lukács einmal als Stigma unseres geschichtsphilosophischen Augenblicks (mit Unrecht) bezeichnet; so könnte Lukács dennoch vielen Einwänden dieser Art mit Marèes begegnen: meine Bilder sind zwar nicht fertig, aber die der Anderen sind nicht einmal angefangen. Tiefer in den Grund des Fragmentarischen führt freilich eine andere Gesinnung, eine solche, die sich lange und ausschließlich dazu verpflichtet fühlte, ein kommunistischer Führer zu sein, ein Praktiker der Theorie statt eines Theoretikers der Praxis oder gar der alten dianoetischen Theoria selber. Dieses geschah im Sturm des unmittelbaren Wesens, als scheinbar einziger Möglichkeit, der Pflicht des Tages, der Höhe der Zeit zu genügen; wobei das neu andringende Bewusstsein der Totalität hier erst später wieder die verwandte Pflicht: mit seinem Pfund zu wuchern, kurz das Amt des Begriffes zurückbrachte.
Gewaltig viel hat nun dieser Denker aus seiner steten Bezogenheit auf praktisch Mögliches und Wirkliches gelernt. Aber mit gewissen simplizistischen Neigung zur Homogeneisierung, und zwar zu einer fast ausschließlich soziologischen Homogeneisierung des Prozesses dürfte für die Konkretheit ein zu großer Preis bezahlt worden sein. Die Geschichte ist vielmehr, unerachtet aller Forderung des omnia ubique, ein polyrythmisches Gebilde, und nicht nur die soziale Gewinnung des noch verdeckten sozialen Menschen, sondern auch die künstlerische, religiöse, metaphysische Gewinnung des geheimen transzendentalen Menschen ist ein Denken des Seins, einer neuen Tiefenbeziehung des Seins. Gewiss sind diese verschiedenen Tiefenbeziehungen und ihre Gegenstände nicht scharf voneinander abgetrennt, sondern stehen in stetem dialektischem Verkehr, sich fast ruhelos überschneidend, vermischend, übergehend, in der höheren immer wieder die Genauigkeit der niederen Seinsstufe statuierend. Aber mit der Beschränkung oder Homogeneisierung auf die rein soziale Materie hin (die bei Lukács regiert, trotz alles Wissens zur Totalität) wird man weder Leben noch Natur noch eben die fast allemal exzentrischen Inhalte des dianoetisch bezogenen Verständigungsprozesses adäquat erfassen.
Ja schon das soziale Denken läuft hier etwas vorauf, sieht das Mögliche früher und voraus. Nicht lange freilich, aber doch wenigstens eine Zeitlang über den nächstens Schritt hinaus, soll dieser überhaupt praktisch getan werden können. Bereits innersozial kann wirtschaftlich eher eine Deckung gelungen sein als rechtlich oder moralisch und erst recht kann das Geistige einen anderen, einen eingehüllteren Zwang oder einen Weg mit längerem Atem nehmen. Lukács selbst bemerkt gegen einen allzu homogen gehandhabten historischen Materialismus, dass die Analysen Mehrings etwa fein und tief seien, sobald sie die Staats- und Militärorganisation Friedrichs des Großen gelten, jedoch halb versagen, sobald sie sich den kulturellen Gebilden derselben Epoche zuwenden. Das soziale Denken wird freilich in gleichen Augenblick erfüllt, wo es in das erreichbare Tendieren seiner Sache bewusstmachend einschlägt. Desto länger und sicherer aber hält ein „Denken“ solcher Erscheinungskomplexe an, deren Inhalt, ohne geschichtslos zu sein, sich soziologisch nur sehr ungefähr und geschichtlich konkret noch nicht genügend ausgedrückt hat und darum immer wieder, wie etwa das Naturrecht der Aufklärung oder die griechische Kunst, als Aufgabe, als Problem oder gar als Muster vor den verschiedenen Zeiten steht. Ebenso ist der gesamte Komplex der physischen Natur historisch-prozessual überhaupt noch unbewältigt, ihr Subjekt, das hier die Aufhebung der Natur als ihre Wirklichkeit schaffen könnte, ist noch nicht gekommen, hinter dem konkreszierten Zwielicht oder Irrlicht ihrer noch nicht entdeckt. Ebenso ist die Religion – selbst wenn man sie mit Lukács als noch phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens definiert – doch nicht etwa durch eine soziale Wirklichkeit erfüllt, sondern alle diese exzentrischen Prozessgehalte verlangen vorerst noch ihren eigenen Raum, mit anderen Worten, die Erschwerung der Totalität durch den Begriff der Sphäre. Denn auch dieser Begriff selbst entstammt nicht nur der kapitalistisch-sozialen Arbeitsteilung und der ihr entsprechenden Zerrissenheit der Objekte (welcher lediglich die hilflosen Fraktionen der „Einzelwissenschaften“ entstammen). Vielmehr ist die Sphäre ein im Prozess selbstgesetzter Ausdruck verschiedener Subjekt-Objekt-Niveaus, eine Folge der Mühseligkeit der Reichsgründung, welche sich im Prozess zeitlich, in der Sphärensetzung gleichsam räumlich ausdrückt und verteilt. Die Praxis der Lukácsschen Konkreszierung wird also dem empfindlichen, unendlich experimentellen Wesen der Geschichte, den reichverschlungenen Tiefenbeziehungen des Wirklichkeitsprozesses nicht völlig gerecht. Vor allem aber wird dieser Praxis der partialen und dennoch konstitutiv antizipierenden Subjekt-Objekt-Beziehung in der dianoetischen Sphäre nicht gerecht, als welche offenbar auch in Zeiten sozialer Abstraktheit in einem einzigen Tiefensubjekt utopisch konkret gelungen kann. Hier gilt nicht eine Vorsicht, welche zwar den Gedanken das Recht zur Beschleunigung, zur Zündung des Sprungs in der sozialen Sphäre gibt, aber in der dianoetischen Sphäre vor der Erleuchtung der ihr innewohnenden Tendenzen zurückschreckt, als ob hier eine Art Naturgesetz, eine Art ehernes Gedankengesetz herrschte und kein Reich des Neuen, Noch-Nicht-Bewussten katexochen.
Trotzdem ist klar, vieles steht uns hier ganz außerordentlich nahe. Aus verschiedenem Auge gesendet, sieht oft ein fast ununterscheidbar gleicher Blick aus der Tiefe entgegen. Soweit es sich nicht aus der Wegrichtung der Lukácsschen Gedanken selbst schon ergab, kann dies eigentümlich verbindende hier kaum andeutend gezeigt werden. Es ist großartig, wie sich bei Lukács der Gedanke endlich in das Werden selbst einbringt, nicht mehr betrachtend, sondern als höchster informierender Ausdruck der Sache selbst. Nun ist das Werden kein abstraktes Vorbeirauschen eines allgemeinen Fließens, keine inhaltsleere Durée reelle, auch nicht mehr Hegels an sich selbst geschehender, panlogischer Prozess ohne beständigen und sich steigernden Rekurs auf das Subjekt. Sondern die innerste Tendenz wird erfasst als ununterbrochene menschliche Produktion und Reproduktion jener Verhältnisse, die, aus diesem Zusammenhang gerissen, dem bürgerlichen Denken, den isolierenden und quantifizierenden Reflexionsbegriffen, als Dinge, verdinglichte, gesetzhafte, abgeschlossene Systeme erscheinen. Endlich tritt der Aufbau der menschlichen Welt als der Kontrapunkt von sich dynamisch wandelnden Beziehungsformen nahe, in denen sich der Prozess der Auseinandersetzung zwischen Mensch und Mensch, Mensch und Natur, die große Selbsbegegnung, mähliche Subjekt-Objekt-Deckung, die Wirklichwerdung des Wir abspielt. Das metaphysische Gesamtthema der Geschichte ist derart in Lukács’ Buch auf anderem Wege, aber inhaltlich völlig konform mit dem „Geist der Utopie“[4] entdeckt. Eine Stufe höher nur im Jetzt: und neben, über dem Proletariat erscheint das Dunkel des gelebten Augenblicks, das darin verborgene Wirklichsein überhaupt, gegen alle subjekt-entfernten Abstraktheiten siegend. Eine geringe Verlegung nur im Akzent des unfertigen Jetzt: und statt des Lukácsschen scheinbaren „Agnostizismus“, dieser erzverantwortlichen Erschwerung der Transzendenz, erscheint die Abneigung gegen jede voreilig benennende, sich zurecht konstruierende Metaphysik, erscheint die Gestalt der unkonstruierbaren Frage, wird ein völlig verwandter Respekt vor dem nicht nur für uns, sondern dadurch auch für sich, real unenthüllten Wirgeheimnis, welches das Weltgeheimnis ist. Aktualität und Utopie sind keine Gegensätze, sondern das Jetzt ist ja schließlich das einzige Thema der Utopie, wann immer man diese als das beständige Verlangen nach der Abwerfung der Masken, Ideologien, Mythologien des Unterwegs, als Ahnung der im Jetzt sowohl treibenden Tendenz wie verborgenen Eigentlichkeit, Adäquation des Prozesses begreift. „Es wird sich dann zeigen“, sagt Marx in einem Satz, nach der Art des Malebranche auf das Problem der Erkennbarkeit der Objekte gerichtet, „dass die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewusstsein besitzen muss, um sie wirklich zu besitzen“. Dieser Satz, dem menschlichen Gedanken die höchste konstruierende Kraft, zugleich die höchste Weltverantwortung, das Amt des siebenten Schöpfungstages verleihend, verbindet allerletzthin noch Lukács und die Metaphysik der kosmischen Traumdeutung, Gottesbeschwörung. Hier wie dort tritt der gelebte Augenblick, das Wirsubjekt an sich selbst aus dem Flor des falschen Bewusstseins in immer unabgelenkteren Selbstobjektivierungen seiner Nähe als wirklich hervor. In diesem, in keinem anderen Zeichen wird das Proletariat siegen, geht die Vorgeschichte der Menschheit zu Ende und das Dasein wird endlich wirklich.
[1] Der Neue Merkur (Stuttgart–Berlin), Oktober 1923–März 1924 (Jg. VII., Bd. 1), 457. ff. – Aus technischen Gründen aus: Ernst Bloch: Philosophisches Aufsätze, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1969, 598–621.; in ungarischer Übersetzung s. hier. – Möglicherweise ist Blochs Rezension erst später als der März des Jahres 1924 erschienen – Bloch selbst schreibt in seinem Brief vom 6. 6. 1926 an Siegfried Kracauer über sein „andeutendes Exzerpt”, er hätte es „vielleicht im Frühjahr 1925” veröffentlicht, doch das scheint ein eher unwahrscheinlich spätes Datum zu sein. – S. Ernst Bloch: Briefe 1903–1975, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1985, Bd. I, 264. – der Hrsg.
[2] Ernst Bloch: Thomas Münzer als Theologe der Revolution, Kurt Wolff Verlag, München 1921 – der Hrsg.
[3] S. Georg Lukács: Geschichte und Klassenbewusstsein, Malik, Berlin 1923, 211. – der Hrsg.
[4] Ernst Bloch: Geist der Utopie, Ducker und Humblot. München 1918 – der Hrsg.